ladisch.de > Deutsches Recht > Vermittlung von Fotomodellen
1. Die Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, kann auch dann vorliegen, wenn die näheren Umstände der vom Täter wirklich gewollten Leistung aus dem Werbeangebot nicht ersichtlich sind. Es genügt, daß das veröffentlichte Angebot vom Publikum als günstig empfunden wird und daher einen Anreiz darstellt, das vom Täter wirklich gewollte, mit dem Inhalt der Werbeanzeige sachlich vergleichbare Angebot in Anspruch zu nehmen.
2. Das Versprechen einer Leistung, die der Werbende nicht erbringen will oder kann, begründet nur dann nicht den Anschein eines besonders günstigen Angebots, wenn die Unwahrheit der Werbung ausschließlich in dem mangelnden Leistungswillen besteht. Bezieht sich die unwahre Werbung auf eine vom Täter beabsichtigte Leistung, die als besonders günstig dargestellt wird, so führt es nicht zum Ausschluß des Tatbestandes, daß der Täter die Leistung in der Form, in der sie sich nach der Werbung darstellt, nicht erbringen will (Abgrenzung zu BGHSt 27, 293).
WRP 7-8/1989 Seite 521-523 (522, 523)
Der Angeklagte ist Inhaber eines „Medien-Vertriebs”. In der Zeit von Juli 1986 bis März 1987 warb er in Zeitungen im Raume Nordbayern-Hannover Kunden mit folgendem Text:
WIR SUCHEN SIE
männl./weibl., dynamisch für haupt- oder
nebenberufl. Tätigkeit als
FOTOMODELL.
Art der Tätigkeit:
Katalog/Konfektion/Kosmetika/Verbrauchsgüter.
... Medien
Vertrieb
Schreiben Sie an die AZ unter 40811
Das Inserat war etwa 45 × 40 mm groß. Interessenten, die sich beim Angeklagten meldeten, klärte er in einem Brief dahin auf, er bringe regelmäßig Bildkataloge heraus, in welchen geeignete Damen und Herren, die als Fotomodell in der Werbebranche arbeiten wollten, persönliche Aufnahmen veröffentlichen könnten. Um eine Auswahl treffen zu können, bat er die Interessenten, Lichtbilder zu übersenden, und fragte in einem besonders übersandten Schriftstück nach persönlichen Daten, wie Größe und Gewicht. Ihm geeignet erscheinende Personen lud der Angeklagte schriftlich zu Probeaufnahmen ein. Für Probeaufnahmen unterhält er ein technisch gut ausgerüstetes Aufnahmeteam, mit dem er eingeladene Interessenten an vereinbarten Orten, in der Regel in Hotels, aufsucht. Alle Kosten hierfür trägt der Angeklagte.
Spätestens während der Probeaufnahmen klärt der Angeklagte die Interessenten darüber auf, es koste eine Bildseite seines Katalogs 1.596 DM. Er erklärte den Interessenten auch, sie müßten nach der Veröffentlichung des Katalogs darauf warten, ob sie von Werbeagenturen angefordert würden.
Der Angeklagte hat tatsächlich einen gut aufgemachten, bebilderten Katalog in einer Auflage von 1.500 Stück herausgebracht und an etwa 500 Werbeagenturen versandt. Nach seinen unwiderlegbaren Angaben sind etwa 60 % der im Katalog abgebildeten Personen von Werbeagenturen angefordert worden.
Das Amtsgericht sprach den Angeklagten von der auf den vorstehenden Sachverhalt gestützten Anklage eines Vergehens der strafbaren Werbung nach § 4 UWG frei. Es vertrat die Auffassung, das Anbieten einer Beschäftigungsstelle erwecke nicht den Anschein eines besonders günstigen Angebots. Das Versprechen einer Leistung, die der Täter nicht erbringen wolle, begründe allein einen solchen Anschein ebenfalls nicht.
Die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannt Urteil wurde vom Landgericht verworfen. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, das Angebot des Angeklagten könne nicht als vorteilhaft beurteilt werden, weil es weder Vergleiche noch Preisbemessungen enthalte. Ausschlaggebend bei der Beurteilung der Frage, ob mit dem Angebot der Anschein eines besonders günstigen Angebotes erweckt wird, sei der Vergleich des Angebots mit der branchenüblichen Werbung. Das Tatbestandsmerkmal „besonders günstige Leistung” könne nicht durch einen Vergleich des Angebots mit der tatsächlichen Leistung des Anbietenden begründet werden. Der Kunde könne nämlich die im Inserat angebotene Leistung mit der tatsächlichen und vom Werber beabsichtigten Leistung nicht vergleichen, weil er diese nicht kenne. Die Frage, ob der Werber die angebotene Leistung erbringen wolle und könne, spiele daher für die Frage, ob der Eindruck eines besonders günstigen Angebots erweckt werde, keine Rolle.
Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung des materiellen Rechts gerügt wird.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Landgericht hat festgestellt, daß das vom Angeklagten aufgegebene Inserat beim unbefangenen Leser den Eindruck erweckt, der Angeklagte suche Personen, um sie als Fotomodell für Bilder in Katalogen zu beschäftigen, während er in Wahrheit nur Personen sucht, die er für eine Tätigkeit als Fotomodell bei Werbeagenturen vermitteln will. Die auf tatsächlichem Gebiet liegende Auslegung des Landgerichts ist unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Das Revisionsgericht ist an sie gebunden. Hiernach kann nicht zweifelsfrei sein, daß der Angeklagte unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben über geschäftliche Verhältnisse gemacht hat.
2. Zum Freispruch des Angeklagten führte die Auffassung der Vorinstanzen, der Angeklagte habe mit dem Wortlaut der Anzeige nicht den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorgerufen und demgemäß auch nicht in dieser Absicht gehandelt.
Dieser Auffassung kann der Senat nicht beitreten.
a) Richtig ist zwar, daß unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben über geschäftliche Verhältnisse nur dann in der Absicht gemacht werden, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, wenn sie in irgendeiner Beziehung zu dem (wirklich gewollten) Angebot stehen, irgendeinen Vorzug der angebotenen Ware oder Leistung hervorheben, um diese als günstig zum Erwerb anzupreisen (BGHSt 27, 293). Unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben, durch die das Publikum angelockt werden soll, die sich aber nicht auf die für den Vertragsabschluß selbst maßgebenden Verhältnisse beziehen oder überhaupt noch kein Angebot einer Ware oder Leistung enthalten, sind daher nicht geeignet, den Tatbestand der strafbaren Werbung zu erfüllen. Dies hat der Senat bereits entschieden (Beschluß vom 10.11.1967 RReg. 4 a St 104/67: unwahre Angaben über bei einer Verkaufsveranstaltung unabhängig vom Kauf eines Geräts gewährte Werbegaben; Urteil vom 30.5.1978 RReg. 4 St 78/78: Anzeige eines gewerblichen Ehevermittlers „Hübsches junges Mädchen sucht netten jungen Mann, Zuschriften unter 1138369 in AZ”). So liegt der vorliegende Fall nicht. Sowohl die Anzeige des Angeklagten wie die wirklich gewollte Leistung beinhalten ein Angebot. Andererseits kann nach Auffassung des Senats für die Annahme eines Bezugs zwischen Werbeangebot und wirklich gewollter Leistung nicht gefordert werden, daß die näheren Einzelheiten der Leistung, die der Täter erbringen will und für die er unwahr wirbt, aus der Werbeanzeige selbst hervorgehen. Der Wortlaut der Vorschrift („Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen”) zwingt zu einer einschränkenden Auslegung in dem vorgenannten Sinne nicht. Für den Bezug auf das Angebot muß es vielmehr genügen, daß sich das Werbeangebot für das angesprochene Publikum als günstige, zur Inanspruchnahme reizende Leistung darstellt und der Täter eine sachlich vergleichbare, vom Publikum aber als weniger günstig beurteilte Leistung tatsächlich erbringen will. Andernfalls würden gerade die gravierendsten und damit strafwürdigsten Fälle unwahrer Werbung, in denen das Angebot falsch dargestellt und der wirkliche Inhalt der beabsichtigten Leistung verschwiegen wird, den Tatbestand des § 4 UWG nicht erfüllen, was naturgemäß dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift diametral zuwiderlaufen würde.
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht, wie das Landgericht dies getan hat, aus Rechtsgründen verneint werden, daß der Angeklagte den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorgerufen hat. Die Tätigkeit des Angeklagten war auf Vermittlung von Fotomodellen an Werbeagenturen gerichtet. Für diese Leistung warb er mit einer Anzeige, die die Möglichkeit der Beschäftigung als Fotomodell bei ihm selbst suggerierte. Letztlich liefen beide Angebote, das wirkliche und das vorgespiegelte, darauf hinaus, geeigneten Personen Beschäftigung als Fotomodell zu verschaffen. Unter diesen Umständen waren die unrichtigen Angaben im Inserat gegenüber der gewollten Leistung kein aliud, sie bezogen sich vielmehr auf diese Leistung. Auf die vom Landgericht geforderte Erkennbarkeit der wirklichen Leistung in der Anzeige kam es nicht an.
Die vorstehend dargelegte Rechtsauffassung liegt Entscheidungen insbesondere auch des erkennenden Senats zugrunde, die zu vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind. Der Kreditvermittler verstößt gegen die §§ 3, 4 UWG, wenn er Anzeigen aufgibt, die den Eindruck erwecken, er selbst gewähre den Kredit (OLG Karlsruhe WRP 1977, 655; Senatsbeschluß vom 19.6.1980 RReg. 4 St 104/80; vgl. auch Müller/Wabnitz Wirtschaftskriminalität 2. Aufl. S. 105 ff.; a. M. KG JR 1968, 433 mit ablehnender Stellungnahme von Tiedemann in JR 1973, 429). Auch in diesen Fällen konnte der Werbung nicht entnommen werden, daß es sich bei dem eigentlichen Angebot des Inserenten um Kreditvermittlung handelte; die Entscheidungen haben es – jedenfalls stillschweigend – genügen lassen, daß sich das veröffentlichte und das wirkliche Angebot auf Kreditvergabe bezog. In einem Beschluß vom 18.9.1973 (GRUR 1974, 400) hat es der Senat als Verstoß gegen § 4 UWG angesehen, daß in einem Inserat Handwerker gesucht wurden, obwohl die Tätigkeit, die ausgeführt werden sollte, nur die eines Handelsvertreters für Möbelverkauf war, was wiederum aus der Anzeige nicht deutlich wurde. Auch diese Entscheidung geht somit von der Rechtsauffassung aus, daß es für den Anschein eines günstigen Angebots genügt, daß Arbeitsvergabe Inhalt sowohl des Werbeangebots wie auch der wirklich gewollten Leistung war.
An der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung ist im Interesse einer Gesetzesanwendung, die dem Sinn und Zweck des § 4 UWG entspricht, festzuhalten.
Es liegt auch auf der Hand, daß gegenüber der bloßen Vermittlung einer Beschäftigung als Fotomodell das Angebot unmittelbarer Beschäftigung bei dem Inserierenden günstiger, in den Augen des Publikums vorteilhafter war; denn im letztgenannten Falle winkte dem Interessierten Entgelt für eine Tätigkeit als Fotomodell ohne eigenen finanziellen Aufwand, während er für die Aufnahme in den Katalog des Angeklagten, die Voraussetzung einer Vermittlung war, zunächst einen erheblichen Geldbetrag aufwenden mußte.
b) Das bereits angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs (BGHSt 27, 293), auf welches das Landgericht Bezug genommen hat, steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen. Dort ist ausgeführt, daß das Versprechen einer Leistung, die der Täter nicht erbringen will, für sich allein noch nicht den Anschein eines besonders günstigen Angebots begründet. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall wies jedoch die Besonderheit auf, daß die Vorspiegelung allein darin bestand, die angebotene Leistung erbringen zu wollen und zu können, während der Angeklagte sie in Wahrheit überhaupt nicht oder jedenfalls nur in einem Umfang erbringen wollte, die der Nichtleistung wirtschaftlich gleichstand.
Bei der Prüfung, ob ein Angebot besonders günstig erscheint, sind als Vergleichsmaßstab Angebote heranzuziehen, die Leistungen der Art zum Inhalt haben, wie sie der Täter in Wirklichkeit erbringen kann und will (KG JR 1973, 428 mit Anm. Tiedemann; Fuhrmann in Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze § 4 UWG Anm. III 2 b). Täuscht der Werbende allein über seine Bereitschaft und Fähigkeit zur vertraglichen Leistung, während er in Wirklichkeit nichts leisten will, so fehlt es an einem Vergleich mit einer in Wahrheit gewollten Leistung. Vergleichsmaßstab sind solchenfalls nur die nach Wortlaut und Inhalt möglicherweise gleichartigen Anzeigen von Mitbewerbern für gleichartige Leistungen. Die Täuschung bezieht sich allein auf die Vertragstreue, die als solche nicht als besonders günstiges Angebot gewertet werden kann. So liegt der vorliegende Fall jedoch nicht. Der Angeklagte wollte eine Leistung an den Mann bringen, stellte sie aber günstiger dar, als sie in Wirklichkeit war. In diesem Falle sind Vergleichsmaßstab, wie ausgeführt, Angebote, die Leistungen der Art zum Inhalt haben, wie sie der Täter wirklich erbringen will. Die Voraussetzungen, auf denen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs fußt, sind daher nicht gegeben. Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung auch ausdrücklich auf „Fälle der vorliegenden Art” beschränkt und ausgesprochen, daß das Versprechen einer Leistung, die der Täter nicht erbringen will, für sich allein die Voraussetzungen des § 4 UWG nicht begründet, und daß dies nur dann gilt, wenn Inhalt und Aufmachung der Werbung auch sonst nicht auf bestimmte Vorzüge der angebotenen Leistung hinweisen. Dient die Anzeige dazu, auf Vorzüge einer Leistung hinzuweisen, die der Täter wirklich erbringen will, so ist der Tatbestand des § 4 UWG auch dann erfüllt, wenn der Täter die Leistung in der Form, wie sie sich nach seiner Werbung darstellt, nicht erbringen will. Es gehört zum regelmäßigen Erscheinungsbild des Vergehens nach § 4 UWG, daß der unwahr Werbende nicht so leisten will, wie er es in seiner Werbung darstellt. Die Absicht der Nichtleistung erfüllt den Tatbestand daher nur dann nicht, wenn der Täter weder die in der Werbung angebotene noch sonst eine vergleichbare Leistung erbringen will.
c) Unzutreffend ist schließlich der Hinweis des Landgerichts, das Angebot des Angeklagten könne nicht als vorteilhaft beurteilt werden, weil es weder Vergleiche noch Preisbemessungen enthalte. Nach der Rechtsprechung der Obergerichte, insbesondere des Bundesgerichtshofs, ist ein solcher Vergleich nicht erforderlich; es genügt, daß Vorzüge des angebotenen Produkts (der angebotenen Leistung) selbst besonders in Erscheinung treten sollen (BGHSt 27, 293/294 m. w. Nachw.).