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Gerichtsentscheidungen zu Studiengebühren in Niedersachsen

Diese Leitsätze fassen die Entscheidungen zusammen, die die Gerichte in der niedersächsischen Rechtsprechungsdatenbank veröffentlich haben.

Studiengebühr ist verhältnismäßig

Verwaltungsgericht Hannover

Die Studiengebühren sind bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur gebotenen summarischen Prüfung wirksam, insbesondere verfassungsgemäß und mit höherrangigem Recht vereinbar, da die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Studiengebühr in Baden-Württemberg entsprechend für Niedersachsen gelten. VG Hannover, Beschluss 6 B 1526/03 vom 02.05.2003.

Verwaltungsgericht Göttingen

VG Göttingen, Urteil 4 A 98/03 und Urteil 4 A 184/03, beide vom 04.03.2004:

Oberverwaltungsgericht Lüneburg

OVG Lüneburg, Beschluss 2 ME 364/03 vom 13.01.2004:

Teilzeitstudium/Stotterstudium

Ein tatsächliches Teilzeitstudium in einem Vollzeitstudiengang rechtfertigt keinen Erlass, selbst wenn dies für die Mitarbeit im elterlichen Betrieb notwendig ist. Das gilt auch für ein Teilzeitstudium vor Gesetzesbeschluss der Studiengebühr. Studenten hätten in solchen Fällen ein Stotterstudium betreiben sollen, bei dem sich ein Semester Vollzeitstudium mit einem Urlaubs- oder Exmatrikulationssemester abwechseln. VG Göttingen, Urteil 4 A 98/03 vom 04.03.2004.

Es ist vom Gesetzgeber gewollt, dass eine Erwerbstätigkeit nicht zur Minderung der Studiengebühr führt und nur in der Endphase des Studiums ein Erlass möglich ist. Das gilt auch, wenn ohne Erwerbstätigkeit Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gezahlt werden müssten. VG Braunschweig, Urteil 6 A 252/03 vom 06.01.2004.

Berufspraktische Ausbildung

Für die berufspraktische Ausbildung, die nicht an der Hochschule absolviert wird, wird keine anteilige Studiengebühr fällig, da sie nicht zu den Studienzeiten nach § 11 Abs. 4 NHG zählt. Es ist unerheblich, dass diese berufspraktischen Zeiten zur Regelstudienzeit zählen.

Erlassgründe

Das Bundesverwaltungsgericht schrieb zur Studiengebühr in Baden-Württemberg: „Schließlich können atypische Fälle, in denen der vom Gesetzgeber angestrebte zügige Abschluss des Studiums unmöglich ist und die Einziehung der Gebühr daher zu einer unbilligen Härte führen würde, über die Härtefallregelung des § 59 LHO aufgefangen werden (vgl. nunmehr § 7 Abs. 2 LHGebG n. F.).” (Urteil vom 25. Juli 2001, 6 C 8.00)

In Niedersachsen wird das von den Gerichten mehrheitlich so interpretiert, dass alle Regelfälle für den Erlass der Studiengebühr in § 14 Abs. 2 Satz 2 NHG stehen. Ansonsten kommen nur atypische, vom Gesetzgeber so nicht vorhergesehene Fälle in Frage:

Die Minderheitenmeinung vertritt das Verwaltungsgericht Göttingen, das mit studienzeitverlängernden Organisationsproblemen der Hochschule sowie dem Vertrauensschutz der beim Gesetzesbeschluss schon immatrikulierten Studenten zwei typische, nicht im Gesetz genannte Härtefallgründe nennt: VG Göttingen, Urteil 4 A 98/03 vom 04.03.2004.

Organisationsfehler der Hochschule

Verlängert sich das Studium durch Organisationsprobleme der Hochschule, ist die Studiengebühr entsprechend zu erlassen: VG Göttingen, Urteil 4 A 98/03 vom 04.03.2004.

Schwere Erkrankung

Ein Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur) ist keine schwere Erkrankung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 NHG.

Kindererziehung

Auch im Zweitstudium erhöht sich durch Kindererziehung das Studienguthaben. OVG Lüneburg, Beschluss 2 ME 147/03 vom 24.07.2003, VG Hannover, Beschluss 6 B 1377/03 vom 14.04.2003.

Wirtschaftliche Notlage

Eine wirtschaftliche Notlage liegt nur unterhalb des Höchstsatzes nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz vor. VG Braunschweig, Urteil 6 A 432/03 vom 23.01.2004.

Seniorenstudium

Für das Seniorenstudium dürfen geringere Studiengebühren erhoben werden, da es zu Allgemeinbildung und nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt: OVG Lüneburg, Beschluss 2 LA 166/05 vom 13.04.2005.

Anmerkung von Julian Ladisch: Die Gerichte hätten zusätzlich folgende Argumentation aufnehmen müssen: Wenn die klagenden Studenten warten, bis sie sechzig Jahre alt sind, können sie zu geringeren Gebühren studieren; deshalb ist das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes nicht verletzt. Einen Fehler haben die Gerichte jedoch dadurch begangen, dass sie der Behauptung nicht nachgegangen sind, dass die Seniorenstudenten Plätze in Veranstaltungen blockieren, und damit die Berufsausbildung der anderen Studenten verzögern. Für die Hochschulen ist die Blockade lukrativ, weil die Seniorenstudenten Gebühren zahlen, und sich die Studienzeiten der anderen Studenten ggf. bis in die Langzeitstudiengebühr verlängern.

Studiengebühren für das Seniorenstudium sind verfassungs- und rechtmäßig. OVG Lüneburg, Urteil 10 L 5099/96 vom 17.11.1998.

Übergangsregelung

Ein etwaiges Vertrauen eines Studierenden darauf, dass ein überlanges gebührenfrei begonnenes Studium ohne eine Gebührenbelastung beendet werden kann, ist nicht schutzwürdig. VG Braunschweig, Urteil 6 A 252/03 vom 06.01.2004.

Trotz der mehr als einjährigen Übergangszeit kann es für zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses bereits immatrikulierten Studenten wegen des Vertrauensschutzes zu unbilligen Härten kommen. Diesen Ausnahmefällen ist die Studiengebühr zu erlassen. VG Göttingen, Urteil 4 A 98/03 vom 04.03.2004.

Verspätete Exmatrikulation

Nur wer von seinem Status als Immatrikulierter Gebrauch machen kann, muss Studiengebühren zahlen. Ist die Diplomvorprüfung nicht bestanden, kann für die Zeit, ab dem dies rechtskräftig ist, bis zur tatsächlichen Exmatrikulation keine Studiengebühr erhoben werden: VG Lüneburg, Urteil 1 A 305/04 vom 06.06.2005.

Vorläufiger Rechtsschutz

Solange ein Student nicht exmatrikuliert worden ist, muss die Hochschule ein bezahltes Semesterticket aushändigen. Gleiches gilt für die Studienbescheinigung, wenn sonst schwere und unzumutbare Nachteile entstehen. VG Hannover, Beschluss 6 B 2237/03 vom 03.06.2003.

Wurde vorläufiger Rechtsschutz gegen die Studiengebühr abgelehnt, ist auch vorläufiger Rechtsschutz gegen die daraus folgende Exmatrikulation abzulehnen. VG Göttingen, Beschluss 4 nbsp;B 21/04 vom 29.03.2004.

Zum vorläufigen Rechtsschutz bei Exmatrikulation: VG Lüneburg, Beschluss 1 B 52/05 vom 22.11.2005.

Studiengebühren, die aufgrund eines unrechtmäßig ergangenen Gebührenbescheides gezahlt worden sind, können im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zurückverlangt werden. VG Göttingen, Beschluss 4 B 137/05 vom 10.01.2006

Streitwert

Die Höhe des Streitwerts hängt davon ab, auf wie viele Semester sich der angefochtene Bescheid voraussichtlich bezieht. Dabei wird angenommen, dass der Student das Studium im Rahmen der Regelstudienzeit abschließt.

Festsetzung und Erlass der Studiengebühren sind getrennte Streitgegenstände, für die jeweils ein Streitwert festzusetzen ist. VG Lüneburg, Beschluss 1 B 30/03 vom 08.07.2003.